Das gerichtliche Verbraucherinsolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung beginnt mit dem Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens, dem bereits ein Antrag auf Restschuldbefreiung beigefügt sein sollte. Falls die Kosten nicht durch eigene Mittel aufgebracht werden können, sollte zudem ein entsprechender Verfahrenskostenstundungsantrag gestellt werden.
Wenn nach Überprüfung der eingereichten Unterlagen die Voraussetzungen erfüllt sind, werden die Kosten gestundet und das Insolvenzverfahren eröffnet.
Zu diesem Zeitpunkt beginnt die so genannte Abtretungsfrist. Das bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt das pfändbare Einkommen des Antragstellers an den Treuhänder gezahlt wird. Zu diesem Zeitpunkt beginnt dann auch die so genannte Wohlverhaltensperiode. Diese Wohlverhaltensperiode dauerte früher immer 6 Jahre. Danach konnte die Restschuldbefreiung erteilt werden.
Ab dem 1.7.2014 wurde eine Gesetzesänderung wirksam. Es gibt nunmehr 4 Möglichkeiten, wann die Wohlverhaltensperiode endet und die Restschuldbefreiung ausgesprochen werden kann:
1. Zum Zeitpunkt der vollständigen Befriedigung der Gläubiger und der Verfahrenskosten. Dieser Zeitpunkt kann bereits kurz nach der Eröffnung des Verfahrens eintreten, wenn z.B. die Gläubiger keine Forderungen anmelden. Dann sind lediglich die aufgelaufenen Verfahrenskosten zu tragen. Natürlich endet die Wohlverhaltensperiode auch dann vorzeitig, wenn die Gläubiger befriedigt sind. Auch hier kann dann sofort die Befreiung ausgesprochen werden, wenn die Verfahrenskosten beglichen sind.
2. 3 Jahre nach Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens. Der Gesetzgeber spricht hier vom Verstreichen der Abtretungsfrist. Es ist die Restschuldbefreiung auszusprechen, wenn dem Insolvenzverwalter oder Treuhänder so viel Geld gezahlt wurde, dass die Forderungen der Gläubiger in Höhe von mindestens 35 % und die Verfahrenskosten beglichen werden können.
3. 5 Jahre nach Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens. Restschuldbefreiung tritt ein, wenn die Kosten des Verfahrens bezahlt worden sind.
4. 6 Jahre nach Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens. Diese Frist ist die übliche und tritt ein, wenn die Voraussetzungen für einen kürzeren Verlauf der Wohlverhaltensperiode nicht vorliegen.
Wichtig ist: Die Verkürzung der Wohlverhaltensperiode tritt nur dann ein, wenn der Schuldner einen entsprechenden Antrag an das Gericht gestellt hat.
Außerdem verlangt der Gesetzgeber vom Schuldner eine so genannte „Punktlandung“. Das bedeutet, dass innerhalb der Dreijahresfrist die Verfahrenskosten und die 35 % der Gläubigerforderungen bezahlt sein müssen. Tritt dies erst einen Monat später ein, so kommt es nicht zur Verkürzung der Wohlverhaltensperiode.
Die 35 % Befriedigung der Gläubigerforderungen können, falls ein so hohes pfändbares Einkommen vorliegt, über die Abtretung bezahlt werden. Wenn das nicht möglich ist, so steht es dem Schuldner frei, entsprechende Geldmittel zu beschaffen und dem Treuhänder zur Verfügung zu stellen. Dazu gehört die Möglichkeit, aus dem unpfändbaren Einkommen Zahlungen zu leisten. Dazu gehört aber auch die Möglichkeit, ein Darlehen bei Familienangehörigen oder Freunden aufzunehmen und dieses an den Treuhänder zu zahlen. Auf jeden Fall ist aber der Schuldner gesetzlich verpflichtet, bei der Antragstellung anzugeben, woher er diese Mittel hat und wie er zu diesen Mitteln gelangt ist. Damit soll vermieden werden, dass der Schuldner vor Einleitung des Insolvenzverfahrens Geldmittel vor den Gläubigern und dem Treuhänder beiseite geschafft hat, um es auf diese Weise dann zu verwenden.
Wann der Antrag auf vorzeitige Restschuldbefreiung gestellt werden kann, ist im Gesetz nicht angegeben. Rechtsprechung zu dem verkürzten Restschuldbefreiungsverfahren gibt es logischerweise kaum, da die dreijährige Wohlverhaltensperiode erstmals Ende 2017 und die fünfjährige Wohlverhaltensperiode erst Mitte/Ende 2019 endet.
Wichtig für die Frage der Verkürzung ist die Höhe der Verfahrenskosten. Diese sind aufgrund der Treuhänder- oder Insolvenzverwalterkosten nicht leicht zu bestimmen und bestimmen sich nach dem Wert der Insolvenzmasse. Die Insolvenzmasse ist das gesamte Vermögen, dass dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Dazu gehört das gesamte pfändbare Einkommen, das der Schuldner in der Wohlverhaltensperiode erhält und an den Treuhänder abzuführen hat. Normalerweise belaufen sich die Verfahrenskosten inklusive der Treuhänderkosten auf einen Betrag in Höhe von 2000€ - 4000€. Der Betrag kann sich allerdings schnell wegen der Treuhänderkosten auf einen fünfstelligen Betrag erhöhen, wenn entsprechendes Vermögen, wie z.B. sehr hohes pfändbares Einkommen, Lebensversicherungen, Bausparverträge und/oder Grundvermögen, vorhanden ist.
Wie bei der regulären Restschuldbefreiung nach 6 Jahren hat das Gericht auch vor dem Ausspruch der Restschuldbefreiung nach 3 bzw. 5 Jahren zu überprüfen, ob Einwendungen der Gläubiger oder des Treuhänders wegen möglicher Verstöße des Schuldners gegen seine Verpflichtungen vorliegen. Wenn also der Schuldner wegen einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt wurde, weil er gegen seine Obliegenheiten, z.B. eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, geerbtes Vermögen zur Hälfte des Wertes an den Treuhänder herauszugeben, jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle anzuzeigen, Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten, keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen, verstoßen hat, dann hat ihm das Gericht die Restschuldbefreiung zu versagen.
Zu beachten ist insgesamt, dass weder das Insolvenzgericht noch der Treuhänder bzw. Insolvenzverwalter eine Hinweispflicht haben, einen Verkürzungsantrag zu stellen. Das Amtsgericht ist zur Neutralität verpflichtet. Der Insolvenzverwalter oder Treuhänder sind keine Vertreter des Schuldners. Sie haben allerdings das Recht, den Schuldner darauf hinzuweisen, insbesondere wenn er bei den beiden Institutionen nachfragt.
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